Montag, 12. Mai 2014

1953



Eine Frühlingsnacht in Rom. Irgendwo sitzen Audrey Hepburn und Gregory Peck auf einer Vespa und sie fahren über Strassen, wo zweitausend Jahre zuvor Julius Cäsar einer Verschwörung zum Opfer fiel.

In einer Wohnung nahe dem Quirinal sitzt Federico Fellini mit seiner Frau Giulietta Masina auf einem Sofa und geht mit ihr das Drehbuch zu ‚La Strada’ durch. Sie wird im Film mit Anthony Quinn zusammen die Hauptrolle spielen und Federico wird dafür einen Meilenstein in der Filmgeschichte setzen und den Oscar erhalten.

In einem kleinen Café sitzt die junge Maria Luisa Ceciarelli, die soeben die Accademia Nazionale d’Arte Drammatica abgeschlossen hat und als Monica Vitti in den Sechzigerjahren grosse Erfolge in Filmen von Michelangelo Antonioni feiern wird.

Im Hotel Ritz liebt Montgomery Clift gerade einen namenlosen jungen Italiener, den er während den Dreharbeiten zu ‚Roma, stazione Termini’ am Set kennengelernt hat. An die Nacht wird er sich noch lange und gerne erinnern, den Film hingegen wird er später als grossen dicken Fehler bezeichnen, weil der amerikanische Produzent die Originalfassung von Vittorio de Sica ruinös gekürzt haben wird.

In einem anderen Zimmer im Hotel Ritz sitzt gerade Wilhelm Furtwängler mit einem Glas Wasser über einer Partitur von Wagners Rheingold, die mit Anmerkungen übersät ist. Im Spätherbst wird er hier den ganzen Ring einspielen. Zum letzten Mal, bevor er dann ein Jahr später stirbt und für viele als grösster Dirigent aller Zeiten in die Geschichte eingehen wird.

Eine Frühlingsnacht in Rom. Ich sitze mit Giacomo und seiner Verlobten Maria vor einem Restaurant in einer Seitengasse in unmittelbarer Nähe des Pantheons. Wir essen gerade kleine frittierte Artischocken mit Sardellen, etwas Lamm und Kutteln nach römischer Art mit Weissbrot. Während Giacomo mir erzählt, was er und seine zukünftige Frau für eine Hochzeitsreise planen, blicke ich hinauf in die Sternen und lausche dem Lärm der Stadt. Alles, an was ich denke, ist diese Frühlingsnacht in Rom und die Nachricht von Herrn Dr. Koller, einem Anwalt aus Zürich, der mir vor etwa zwei Stunden per Telegramm mitteilen liess, dass meine Tante Klara gestorben sei und ich somit über ein beträchtliches Vermögen sowie eine einzigartige Kunstsammlung verfügen würde.

Als Giacomo endlich eine Pause macht und sich ein Stück Kutteln in den Mund schiebt, blicke ich die beiden an und frage sie, ob ich sie zur Hochzeit nach Paris einladen darf. Während mein Freund sich ob der Frage gerade verschluckt und einen Hustenanfall bekommt, schaut mich Maria entsetzt an. Dann fragen beide wie aus einem Mund, was denn mit mir los sei, ob ich über Nacht zum Millionär geworden sei?

Ja, das war ich tatsächlich.

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