Mittwoch, 2. Juli 2014

Was macht der Gigi von Arosa eigentlich im Sommer?



Er ist der viel besungene Skilehrer, der allen Frauen seit Jahrzehnten den Kopf verdreht. Ob Pulver, Sulz oder eisig: er lotst die weiblichen Herzen die Hänge der Fantasien hinunter, grinst sein strahlend weisses Lachen und ist stets so braungebrannt wie ein Prättigauer Maiensäss. Ach der Gigi, was für ein Herzensbrecher, was für ein Mann!

Es war kürzlich in Portofino, als ich vor Anker ging und vom Schiff aus, ganz zufällig, einen etwas älteren dicken Mann sah, der in seinen Sandalen, den beigen Leinenhosen und einem weissen leichten Baumwollhemd – das fast bis zum Bauchnabel geöffnet war, um das ebenfalls weiss gewordene Brusthaar zu präsentieren – wie ein Grosspapi, mit zwei Bechern Eis in der Hand, der Mole entlang ging und einen davon dann einem etwas jüngeren Mann in die Hand drückte, welcher seinerseits gespielt lässig mit übergeschlagenen Beinen auf einem Mäuerchen sass und die Yachten und Boote betrachtete, die hier für einen ständiges Kommen und Gehen sorgten.

Als mein guter Freund Peter, selbst ein Bündner aus Arosa, mir ins Beiboot half, das uns an den Steg bringen sollte, machte dieser plötzlich einen Juchzer und rief so laut es ging: „Gigi! Hey Gigi!“ Da nicht nur ich, sondern auch der ältere dicke Mann mit dem Eis in der Hand aufgeschreckt wurde, begann Peter laut zu lachen und winkte diesem mit dem ganzen Arm zu, während er wie ein Murmeli pfiff, um den Blick von Gigi auf sich zu lenken. Als dieser Peter endlich orten konnte und ihn dann auch sofort erkannte, verwandelte sich sein erschrocken erstauntes Gesicht zu einem breiten Grinsen und er winkte uns zu, um uns zu bedeuten, dass wir zu ihnen kommen sollten. Peter legte seine Hand auf meine Schultern und sagte mir lächelnd: „Jetzt lernst du eine Legende kennen. Das da ist der Gigi von Arosa. Und das daneben ist sein Partner Klaus. Genau, sein Lebenspartner.“

Am Land angekommen und das Beiboot vertäut, watschelten wir der Mole entlang zu diesem Männerpaar, das es sich an einem kleinen Cafétischchen gemütlich gemacht und bereits zwei weitere Stühle für uns organisiert hatte. Mit Umarmungen, Händeschütteln, Schulterklopfen und kleinen Lachern begrüsste man sich ausführlich und versicherte sich gegenseitig, was das doch für eine erfreuliche Überraschung sei, bevor man sich dann an das kleine Tischchen setzte. Und da sich die drei anderen offensichtlich schon bestens zu kennen schienen, war es an mir, einmal etwas zurückzustehen und dem Gespräch, den Anekdoten und Floskeln zu lauschen und hin und wieder der Gesellschaft ein Lächeln des Verständnisses und der stillen Teilnahme zu schenken.

Während die Geschichten der Freunde sich auf den neusten Bündner Klatsch beschränkten, blickte ich, die Augen hinter der Sonnenbrille versteckt, auf die beiden Eisbecher, in welchen noch kleine pastellfarbene Reste schwammen. Als Gigi das bemerkte, sagte er mir, dass ich unbedingt auch ein Eis dort hinten an der Ecke holen müsse. Es sei einfach köstlich. Und wenn er mir eine Empfehlung abgeben dürfe, dann würde er mir doch raten, mich für das Pistazien-Eis zu entscheiden. Denn das sei hier absolut einzigartig. Er selbst könne keinen Sommer darauf verzichten.

Und auch wenn ich für mich dachte, dass die Kernkompetenzen von Gigi wohl eher im Winter angesiedelt sein dürften, entschied ich mich dennoch für den Gang zur Gelateria. Schliesslich hatte man ja den Gigi auch stets als Frauenheld besungen. So falsch konnte eine Empfehlung von ihm im Sommer auch nicht sein.

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