Mittwoch, 14. August 2013

Die Seele schwarzer Schokolade

Der Schatten zeichnete wilde Pferde auf das noch ungeschnittene Gras, welche sich kaum merklich, aber doch allmählich, zu einer Herde Giraffen verwandelten, je tiefer die Sonne sich dem Horizont zuwandte. Marcel Proust und ich sassen an einem kleinen Tisch unter einer Ulme, die wie eine schützende Gottesmutter, ihre Äste wie Arme über uns ausbreitete und uns den Schatten spendete, den wir schon den ganzen Tag herbeigesehnt hatten. Schweigend blickte Proust mit seinen dunklen und in sich ruhenden Augen in die Ferne, brach ein Stück schwarze Schokolade von einer Tafel, die wiederum auf einem schneeweissen Tellerchen vor uns auf dem Tisch lag, und führte es langsam in seinen Mund. Dort liess er es auf der Zunge zergehen, atmete dabei tief und geniesserisch durch die Nase ein, so dass sein Brustkorb sich etwas anhob und er dabei ein kleines Lächeln zuzulassen schien, welches er aber durchaus nicht mir zu schenken gedachte, sondern vielmehr der Zeit hinterher warf, nach der er so viele Jahre lang gesucht hatte. Ich aber, sass einfach nur da, beobachtete ihn und dachte mir, ob er wohl mit Milchschokolade auf seiner Suche etwas schneller vorangekommen wäre.

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