Sonntag, 14. Juli 2013

Süsse Verführung beim Vatikan.















„Fatto fresco!“, hört man eine Stimme durch die Dämmerung der anbrechenden römischen Nacht hallen. Zwischen den Rhododendren der vatikanischen Gärten blicken sich die grossen Tiere des heiligen Stuhls ungläubig an, machen dabei grosse Augen und klatschen wie wild, als wären sie noch kleine Kinder, in beide Hände. Es ist also wieder soweit. Die süsseste aller Verführungen lockt wieder. Und habemus voluptas.

So wird sofort alles stehen und liegen gelassen und man rennt mit hochgezogenen Soutanen, in schwarzen Seidenstrumpfhosen und edlen Lederschuhen querfeldein über den akkurat frisierten Rasen, hin zum Tor, das am ehesten zur Via del Gracchi führt. Denn jede Sekunde zählt. Schliesslich ist die Platzzahl begrenzt und ihr Ziel ist ein Ort, an dem die Kirchenfürsten nicht bevorzugt behandelt werden. Und sie wissen das nur zu genau. Denn schon manches Mal mussten sie wieder von dannen ziehen, weil Giuseppe, der langjährige Kellner, die Kirche eben im Dorfe stehen liess und ihnen korrekt, aber sehr bestimmt zu verstehen gab, dass er jetzt für sie keinen Platz mehr hatte. Da half auch ein noch so gütiges Lächeln, ein paar leere Versprechungen oder eine kleine Vorabendsegnung nicht. Giuseppe hatte eben Prinzipien und, wie es schien, die höchste Macht ausserhalb des Vatikans.
Nichtsdestotrotz rannten die Kleriker auch heute wieder durch die Strassen Roms und liessen ihre Ehrwürdigkeit vollends auf der Strecke liegen. Denn „fatto fresco“ war ihnen als lukullischer Schlachtruf heilig. Und man wollte es sich nicht entgehen lassen, dieses wunderbare, zartschmelzende und hausgemachte Tiramisu, das elegant in einem Glas serviert wurde, heute noch in die Magengrubezu versenken. Dafür war es einfach zu erhaben. Und so viel Weltlichkeit musste einfach sein.


Ristorante Il Matriciano, Via dei Gracchi 55, 00192 Rom, Telefon +39 06 321 2327




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