Freitag, 12. Juli 2013

Venusmuscheln mit Meryl Streep

Alle rieten mir dazu, einen 68er Mustang GT 390 zu kaufen, wie ihn Steve McQueen in ‚Bullitt’ übers Zelluloid und durch die Strassen San Franciscos geschleift hatte. Doch irgendwie fand ich, dass ein Rolls Royce Corniche Cabriolet von 1971 besser zur Westküste und zu meinem kleinen Ausflug passte. Schliesslich hatte ich mich mit Meryl Streep verabredet, um mit ihr über die Verfilmung meines Buches zu sprechen, welches mir hier in Hollywood alle Türen öffnete und für dessen Mitarbeit am Drehbuch ich einen absurd hohen Betrag erhalten würde. Also erstand ich einen cremefarbenen Corniche, der einem kürzlich verstorbenen Film-Produzenten gehört hatte und für den ich wohl zu viel bezahlt hatte. Aber seit ich sozusagen über Nacht zu einem schwerreichen Mann geworden war, konnte ich solchen kleinen Launen ohne mit der Wimper zu zucken einfach nachgeben.

Ja, ich konnte die richtige Lackierung eines Wagens weit über die Zweckmässigkeit seiner Anschaffung stellen; auch wenn man diese in meinem Fall durchaus mit gutem Grund ins Reich des Absurden verdammen konnte. Denn wahrscheinlich wäre ich auch mit einem Honda Prius Hybrid an mein Ziel gekommen. Und Mrs. Streep wäre es wohl so ziemlich egal, womit ich mit ihr zu unserem kleinen Lunch fahren würde. Schliesslich war es ja sie, die mich anrief, um die Rolle der Klara Beckmann zu bekommen. Ja, sie hatte darauf bestanden, mich noch in dieser Woche sehen zu wollen, um meine inspirierenden Gedanken mit ihr teilen zu können. Selbst wenn sie für einen Lunch extra von der Ostküste hierher nach Kalifornien fliegen müsste. Ich meine: Meryl Streep bietet mich um ein gemeinsames Mittagessen! Das will man doch irgendwie für sich selbst auch zelebrieren.

Ich machte mich also mit meinem neuen Rolls Royce auf den Weg nach Santa Barbara, um das Restaurant zu rekognoszieren, in dem ich vor Jahren mal eine fantastische New England Clam Chowder gegessen hatte. Es handelte sich dabei um das Brophy Bros., gleich beim Hafen. Eigentlich nichts Extravagantes, sondern beinahe schon eine Art Touristenrestaurant, in dem man an einfachen hölzernen Tischen und an einer langen Bar gute Fischspezialitäten zu essen bekam. Und auch wenn alle meine neuen Freunde in Hollywood mich für verrückt hielten, die beste Schauspielerin des ganzen galaktischen Universums an einen solchen Ort zu führen – und das auch noch selbst am Steuer –, schien es mir durchaus angebracht, dieses Date so zu gestalten, wie ich es wollte. Denn ich war ja quasi jetzt selbst ein Star. Und ausserdem kam ich aus einem Land, das die meisten Amerikaner mit Schweden verwechselten, was mich irgendwie zu einem Kuriosum machte. Auch würde ich Mrs. Streep erklären, dass ich solche Orte inspirierender fände, als all diese überbewerteten Beverly Hlls Restaurants. Ich glaube nicht, dass mir eine so intelligente Schauspielerin wie Mrs. Streep („Nennen Sie mich doch einfach Meryl.“) mir darin widersprechen würde. Denn sie wollte ja was von mir. Also ich fand meinen Plan so ziemlich genial.

Als ich schliesslich in Santa Barbara ankam und dort meine neue alte Luxuslimousine geräuschlos auf einen Parkplatz fuhr, stieg mir der Duft des Pazifiks in die Nase. Eine Mischung von Algen, Salz und Wasser, begleitet von den Rufen der Möwen. Ich stellte den Motor ab und blieb noch einen Augenblick sitzen. Die Sonne stand noch knapp über dem Meer und der Wind spielte mit meinen noch wenigen Haaren. Und plötzlich fiel mir das Herz in die Hosen und vor mir tippte sich eine Frage in den Himmel, als wäre der ein verdammter Computer-Screen: Was, wenn Meryl Streep eine Muschelallergie hat?


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