Sonntag, 24. November 2013

Wie man die Eingeweide Heinrichs des VIII. zubereitet



Anne Boleyn stand mit ihrem eigenen Kopf unter dem Arm auf einer kleinen Anhöhe bei Tower Hill, von wo aus sie in die dunklen Wolken des Himmels schaute und ihren Mann aus dem Jenseits verfluchte. Vor etwas mehr als einer Woche war sie im Tower of London enthauptet worden, weil sie gegen den König ein Mordkomplott geplant und ihn mit einem inzestuösen Verhältnis mit ihrem eigenen Bruder betrogen haben soll. Doch der wahre Grund war, dass sie ihm, nach Elisabeth, der späteren Königin, keinen Knaben mehr geboren und mit zwei Totgeburten ihr eigenes Todesurteil unterschrieben hatte.

„Was denkt sich dieser fettwanstige Lümmel eigentlich. Mich einfach wie eine ausgemelkte Kuh auf die Schlachtbank zu schicken, um dann wieder ein anderes Weib zu besteigen.“

Sie war sichtlich zornig und hatte Mühe, ihren Kopf – den unter dem Arm zu halten sie noch nicht gewohnt war, und welchen sie deswegen schon ein paar Mal auf den Boden fallen lassen hatte, – jetzt nicht schon wieder in den Dreck vor ihr zu werfen. Sie wollte ihn nicht wieder verlieren und rang deshalb um Beherrschung. Eine Beherrschung, die sie sich einreden musste, um sich nicht auch noch um den Verstand zu bringen. So schluchzte sie nach dem Wutausbruch vor sich hin und erinnerte sich an die letzten Minuten ihres Lebens, um sich innerlich wieder etwas aufzubauen. Dem Augenblick, als sie den Lords und dem Henker gegenübertrat und weder um ihr Leben flehte noch ihren Mann, den König, öffentlich verunglimpfte. Sie wusste, dass sie es der Geschichte schuldig war, mit Stolz und Würde aus dieser Welt zu scheiden. Vor allem aber war sie es auch Elisabeth schuldig, dem Töchterchen, das der Willkür und dem Goodwill des cholerischen Königs ausgesetzt sein würde.

„Und dennoch verfluche ich dich jetzt, Henry. Wärst du vor wenigen Hundert Jahren in Frankreich geboren worden, hätten Hexenmeister deine Eingeweide für den Teufel zubereitet. Deine Leber wäre mit Galle verätzt, deine Niere mit Krähenfüssen gekocht und dein Herz mit Hundekot gebeizt worden. Du wärst ein Niemand gewesen, den man nicht nur bespuckt, sondern auch ausgespuckt hätte. Hörst du mich Henry?“

Heinrich der VIII. hörte sie natürlich nicht. Und es ist wissenschaftlich praktisch erwiesen, dass dieser Fluch keine Wirkung auf ihn gehabt haben dürfte. Aber dennoch behaupten böse Zungen, dass dieser Fluch der Grund dafür gewesen sei, um die unzähligen ungeniessbaren Gerichte des englischen Königreiches mit Pfefferminzsauce zu übertünchen. Man wollte fortan wegen der Angelegenheit Boleyn nie mehr einen bitteren Nachgeschmack auf der Zunge haben.

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