Mittwoch, 12. Februar 2014

Das Geheimnis unserer Fasnachts-Chüechli



Als einäugiger Pirat stand ich erwartungsvoll zwischen Indianer, Clowns, Kaminfeger, Mariakäfern, Cowboys, Astronauten, Prinzessinnen und Frottee-Kätzchen am Bahnhof, schwang meinen, aus einer Spanplatte gefrästen, Krummsäbel und bedrohte gerade meinen besten Freund Koni, der als Mohr aus dem Morgenland verkleidet war. Während er einen aus glitzerigem Stoff genähten Turban und farbige Pluderhosen trug, war ich mit meinem blau-weiss gestreiften T-Shirt, dem alten Gilet von Grossvaters Hochzeitsanzug, einer echten schwarzen Augenklappe und einem riesigen schwarzen Schlapphut viel cooler angezogen als er. (Doch beste Freunde sind ja dazu da, dass sie nur die Zweitbesten sind. Vor allem, wenn es darum geht, an der Fasnacht einen Preis für die beste Verkleidung zu gewinnen, denn beim Skifahren war mir Koni weit überlegen.) Zudem verfügte ich noch über Bartstoppeln, die mit dem Kajalstift meiner Mutter aufgemalt wurden und die offen gestanden fast schon Zebrastreifen glichen, welche meine Wahrnehmung bezüglich Männlichkeit, Alter und Furchterregung doch ziemlich ins Reich der Wünsche katapultierten. (Aber ein kleiner Junge ohne Illusionen ist eine verlorene Seele. Und das war ich nie.)

Vor der bunt verkleideten Kinderschar formierte sich die Dorfmusik – die alle als Clowns angezogen waren und rote Nasen aufgesetzt hatten – in vier Fünferreihen (das musste doch genau zwanzig geben?) und begann zu spielen.

Tamara, ein Nachbarsmädchen, das als Elfe mit viel Tüll und einem Krönchen verkleidet war, stiess mir ihren Ellenbogen in die Seite und zeigte auf den Mann mit der grossen Tuba: „Du Fredi, dieser Clown mit der grossen Trompete, der muss dann aber schwer tragen.“

Ich lächelte sie an und erwiderte mit einer etwas verstellten Stimme, die sich wohl wie ein gescheiterter Stimmbruch anhören musste: „ Das ist doch der Baumann, der Bäckermeister. Der hat einen genug breiten Rücken und wird schon nicht zusammenbrechen. Und das ist keine Trompete, sondern eine Tuba.“

„Ach so“, sagte Tamara staunend und fuhr fort, „hat der denn in der Backstube genug Platz für diese Tuba?“

Ich schaute sie etwas schräg an und fragte mich gerade, was sich dieses Mädchen die ganze Zeit über für Fragen stellte. Dann grinste ich und sagte zu ihr: „Weisst du, diese Tuba braucht der Baumann in der Bäckerei. Was glaubst du denn, wie er sonst die Fasnachts-Chüechli machen würde?“

Tamara blickte mich ganz geschockt an. „Hhmmmm?“

„Klar doch“, fuhr ich fort, „er wirft die runden Chüechli in die Höhe, wie ein Omelette, und beginnt dann fest in die Tuba zu blasen. Dadurch schweben dann die Chüechli in der Luft und beginnen zu flattern. Was glaubst du denn, von was die feinen Fasnachts-Chüechli ihre Form haben?“

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