Mittwoch, 2. April 2014

Mike und ich, die Synchronfleischkäser



Es ist ein seltener Zufall, dass zwei so hochbegabte, humorvolle und lustorientierte Talente wie Mike und ich in derselben Überbauung wohnen. Und wenn wir uns auch nicht persönlich kennen, so sind wir doch Seelenverwandte. Denn während er eine erfolgreiche Karriere als Komödiant und Schauspieler im Fernsehen auf die Mattscheibe legt, geniesse ich, weit über die Grenzen des Kreis 5 hinaus, den guten Ruf eines unbestechlichen, differenzierten und selbstkritischen Elefanten, der sich selbst eben so lustig findet, wie das Fernsehpublikum den Müller. Realitätsverlust? Wunschdenken? Narzissmus? Mitnichten! Der Mike und ich sind einfach zwei super tolle Kerle, die sich immer wieder für ein Publikum neu erfinden und sich dann die Freiheit nehmen, über sich selbst und die anderen zu lachen. Und während er dafür einen Haufen Geld bekommt, klopfe ich mir selber auf die Schultern.

Aber sonst sind wir total gleich. Ja, schon fast seit der Geburt getrennt, könnte man denken, wenn man uns so sieht. Denn wir verfügen auch körperlich fast schon übers gleiche Format. Und wir tragen unsere Kilos beide mit der gegebenen Fassung, die Genussorientierung eben so mit sich bringt. Tja, das ist schon sehr bemerkenswert.

Wo bin ich stehen geblieben? Ach ja. Wie ich schon erwähnt habe, wohnen der Mike und ich in derselben Überbauung. Doch nicht nur das. Wir können uns gegenseitig praktisch in die gute Stube sehen. Und in die Küche. Und wenn ich über ein Teleskop verfügen würde, dann sähe ich wohl auch, ob das jetzt der scharfe Thomy-Senf im Türfach des geöffneten Kühlschrankes ist. Oder doch drei Tuben Mayonnaise? Aber schliesslich bin ich ja kein Stalker. Und ich bin weiss Gott froh darüber. Denn so kann ich mir die künstlerische Freiheit nehmen, mir vorzustellen, was der Burri, der Shiva, der Bestatter und der Muzzafer im Kühlschrank horten. Und da meine Passion für mich, als sich Zeugs ausdenkender Elefant, auch Verpflichtung bedeutet, gebietet mir meine künstlerische Freiheit, Euch, liebe Leser, an diesen Vorstellungen teilhaben zu lassen.

Ihr findet das jetzt etwas schräg? Macht nichts. Einfach einmal durchatmen und den Mut zum Fremdschämen haben.

Also, da ich mich ja so seelenverwandt mit Mike fühle, bin ich überzeugt, dass wir ein gemeinsames Hobby pflegen: Fleischkäsen. Richtig, das Fleischkäsen. Darunter versteht man in der Kulturgeschichte der barhändigen Nahrungsaufnahme das Essen von Fleischkäse-Rädli ohne Brot. Und das hat nicht nur seine ideellen Gründe, sondern rein praktische. Den wer gekonnt fleischkäst, der hält, auf dem Sofa sitzend, in der einen Hand den aufgeschnittenen Fleischkäse, dessen Verpackung man mit einer unglaublichen Reaktionszeit aufgerissen oder geöffnet hat, während man mit der anderen Hand – und geniesserisch filigranen Bewegungen – ein Rädli nach dem anderen von der Beige löst, um es in ordentlicher Geschwindigkeit, und der Absicht, ihm jetzt den Garaus zu machen, zum Mund zu führen. Wenn man dann so etwa 200g kalten Fleischkäse radibuz weggeputzt hat, sitzt man noch ein paar Augenblicke da, lässt den Abgang etwas nachklingen und wartet vielleicht noch auf ein Bäuerchen. Richtig, ein Görpsli. 

Denn Fleischkäsen macht man in der Regel alleine, weil man ja sonst den anderen Personen Rechenschaft darüber ablegen müsste, warum man kein Brot zum Fleischkäse isst. Und das zu erklären, braucht einfach unheimlich Geduld. Denn wenn jemand einem diese Frage stellt, dann weiss man, dass derjenige die wahre Qualität feinsten Fleischkäses noch nicht entdeckt haben kann. Und wenn dieser Jemand das Erwachsenenalter schon erreicht hat und immer noch solche Fragen stellt, dann kann man auch davon ausgehen, dass er diese Qualität nie entdecken wird. Denn so was hat man im Blut. Dafür hat man ein Talent. Und Mike und ich haben dieses Talent. Und darum bin ich überzeugt, dass wenn ich alleine auf dem Sofa gerade am fleischkäsen bin, der Mike zur gleichen Zeit dasselbe tut. Und das, meine lieben Leser, macht Mike und mich zu Synchronfleischkäsern.

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